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Warten auf den Abflug am Goldcoast Airport |
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Anflug auf Auckland |
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Auckland Luftbild ( Bild: Papeschr. wikimedia commons) |
Wir unterbrachen unseren
Aufenthalt in New Brighton und flogen für eine Woche nach
Neuseeland. Der Flug vom Gold Coast Airport nach
Auckland
auf der
Nordinsel dauert ungefähr 3 Stunden. Beim Anflug auf den
Internationalen Flughafen von Auckland sahen wir, dass die Stadt von Fluss- und
Meeresarmen geteilt wird und viel Grün aufweist.
Der Bewillkommnungsgruß
„Kia Ora“ auf einer
Flughafenwand machte uns darauf aufmerksam, dass wir im
Maori-Land angekommen sind.
Da wir bei Anbruch der Dunkelheit ankamen, sahen nicht viel von der größten
Stadt Neuseelands (mehr als 1, 4 Millionen, ca. ein Drittel der Einwohner
Neuseelands lebt dort – die Regierungshauptstadt ist aber Wellington am anderen
Ende der Nordinsel). Was uns bei der Fahrt zum Hotel im Zentrum auffiel, waren
die vielen erleuchteten Hochhäuser.
Wir hatten jetzt noch nicht vor,
uns Auckland näher anzuschauen. Gleich am nächsten Tag flogen wir weiter nach Queenstown auf der Südinsel. Das
dauerte immerhin fast zwei Stunden und gab uns eine Vorstellung davon, dass
Neuseeland gar nicht so klein ist, wie wir dachten. (Bei 4 Millionen Einwohner
ungefähr so groß wie das „Mutterland“ Großbritannien.)
Hier eine Karte von Neuseeland (sie vergrößert sich beim Anklicken): Auckland liegt oben auf der Nordinsel, Queenstown, unser zweites Ziel, im unteren Drittel der Südinsel in der Mitte.
Queenstown – von Bergen
umgebener Touristenmagnet am Wakatipu-See
In Queenstown merkten wir sofort,
dass wir vom Frühling in Byron Bay und Auckland wieder in den Winter geraten
sind. Außerdem war die Landschaft ganz anders als in Auckland. In Auckland
Hügel, hier hohe schneebedeckte Berge – die „Neuseeländischen Alpen“. Tatsächlich
erinnerte uns die Landschaft an die Schweiz - oder Norwegen. Bei der Fahrt mit
dem Mietwagen vom Flughafen fuhren wir eine ganze Weile auf einer Schnellstraße
durch Vororte mit Blicken auf den See Wakatipu und kamen dann in das dicht
bebaute Stadtzentrum. Auch hier der Eindruck, als seien wir in einem Schweizer
Wintersportort angekommen, es geht Anhöhen hinauf und hinunter, eine enge Hauptstraße,
von der kleine Straßen abgehen, moderne Bauten, die Gehwege voller Menschen,
die an Boutiquen, Out-Door-Geschäften, Souvenirläden, Cafés und Schnellgaststätten
vorbeidrängen oder sie füllen – ein typischer Touristenort. Queenstown hat 28 000
ständige Einwohner – aber mit den zu allen Jahreszeiten anreisenden Besuchern
kommt man auf eine weit höhere Zahl, jährlich besuchen 3,3 Millionen die Stadt.
Wenn wir die Berghänge hinaufschauen, erblicken wir Apartmenthäuser, Chalets
und darüber Tannenwälder. Wir fahren durch den langgezogenen Ort, gelangen in
weniger dicht bebautes Gebiet und schauen wieder auf den See Wakatipu, an den
sich Queenstown schmiegt. Am Seeufer viel Grün, hohe Bäume, Geröllstrand, auf
der anderen Straßenseite klassisch-vornehme Hotelbauten. Der größte Binnensee
Neuseelands windet sich, von Gletscherflüssen gespeist, ca. 80 km durch die
Berge.
Wir kommen in der Feriensiedlung
an, in der wir ein Apartmenthäuschen gemietet haben. Sie liegt außerhalb der
Stadt auf einer Anhöhe, am Waldrand. Das Haus ist gemütlich eingerichtet, mit
Gas-Kaminofen und Blick ins Grüne, leider nicht auf den See, da war alles schon
ausgebucht.
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Blicke auf Queenstown |
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Queenstown Zentrum (Bild: K. Golik wikimedia commons) |
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Von einer Uferanhöhe aus überblickt man den nördlichen Teil des Sees Wakatipu |
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Ein Riesenbaum an der Uferpromenade ( Blaue Atlas-Zeder) |
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Aussicht vom Garten unserer Ferienhaussiedlung |
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Im Garten picken sonderbare Hühnchen herum. Ein Früstücksei haben sie uns leider nicht gelegt. (Es sind Schopfwachteln, wie die Zeder oben in Neuseeland eingeführt) |
"Skyline Gondola" - Phantastische Aussicht und Abenteuer-Angebote
Am nächsten Tag machen wir uns zu
Fuß auf den Weg in die Stadt, warm angezogen. Der Weg am Seeufer eröffnet
Blicke auf den See und die Berge, die ich mit dem englischen Ausdruck als
„scenic“ bezeichnen möchte. Die Cafés in der Stadt sind überfüllt, aber wir
finden in einer Seitenstraße einen alternativen Kaffeeshop, in dem wir einen
herrlich gebrauten „Flat White“ und Hafertaler bekommen. Dann steigen wir über
Treppen eine steile Anhöhe zur Gondelstation hinauf. Wir müssen ziemlich lange
warten, bis wir die Karten für die „Skyline Gondola“ erworben haben und
einsteigen können. Der Preis für unsere kleine Gruppe ist beträchtlich. (Man
bezahlt in Neuseeland mit dem Neuseeland-Dollar.) Die Gondel bringt uns auf halbe Höhe eines
Ausläufers des 1748 m hohen Ben Lomond, zum „Skyline Top Terminal“. Die Bergstation
ist riesig, mit Gaststättenräumen, die ich - wieder in Englisch - als
„overcrowded“ bezeichne, eine Gaststätte mit verglaster Veranda und weitem
Blick hat den passenden Namen „Stratosfare“. Natürlich gibt es auch einen
Souvenir-Shop, in dem sich die Besucher aus aller Welt drängen.
Dagmar und ich suchen uns draußen
einen Aussichtplatz, die Jüngeren und Mutigen von uns stellen sich am Lift für
die Sommerbobbahn „The Luge“ an. Sie führt über eine betonierte, kurvenreiche
und teilweise recht steile Strecke vom „Bob´s Peak“ (1631 m) zur Gondelstation
(790 m) hinunter.
Dagmar und ich genießen den
Sonnenschein und die phantastische Aussicht. Man sieht über grüne Tannen hinweg
auf die weißgesprenkelte Stadt hinunter, die sich an den Ufern entlang und die
Abhänge hinaufzieht, auf den blauen See, dessen S-Form deutlich zu erkennen
ist, über grün-braune Hügel und auf weiß eingehüllte Bergketten im Hintergrund.
Wir klettern einen Pfad hoch und
setzen uns auf eine Bank, von der aus wir die Bobbahn beobachten können. Wir
staunen über kleine Asiatenkinder, die geschützt durch Sturzhelme mit hoher
Geschwindigkeit juchzend den Berg hinunterrodeln, gefolgt von Erwachsenen, die
meist etwas vorsichtiger fahren. Nach einer Weile kommen unsere Drei, sie haben
die leichtere Abfahrt gewählt, bis auf die Jüngste – eine Neuseeländerin –
drosseln sie immer wieder die Geschwindigkeit und haben bei den Holperschwellen
einen nicht besonders begeisterten Gesichtsausdruck.
Wir fahren wieder hinunter. Bei
der Abfahrt sehen wir eine weit über den Bergabhang ragende Plattform, von der
nachts Bungee-Sprünge gemacht werden können. Man stürzt 400 m über Queenstown
im Freestyle 45 m in die Tiefe, mit einem grandiosen Blick über die Stadt und den
See – wenn man den Mut zum Sprung hat. Das moderne Bungee-Jumping an einem
Gummiseil wurde in Neuseeland „erfunden“ und wird von dem Bungee-Pionier und
Unternehmer A.J. Hackett kommerziell betrieben.
Außerdem gibt es den „Ziptreck“,
eine Seilrutsche, an der man von einem Baumhaus aus an Baumwipfeln vorbei den
Berg hinabgleitet, teilweise mit freien Ausblicken. (So etwas wird nun auch in
Bad Harzburg, unserem Wohnort, gebaut, man wird dann allerdings nicht liegend,
sondern sitzend transportiert werden!) Wer will, kann auch ein Mountain Bike in
der Gondel mit hinaufnehmen und dann einen teilweise halsbrecherischen Weg den
Berg hinunterfahren (eine Abzweigung der Strecke führte oberhalb unseres
Ferienhauses ins Tal). Man kann aber auch ganz simpel auf dem „Tiki Trail“ den
Berg hinauf und hinunter wandern.
So bekamen wir einen ersten
Eindruck vom „Abenteuer-Tourismus“ in Neuseeland.
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Ausblicke vom Skyline Top Terminal |
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"The Luge" - Spaßfahrt für Jung und Alt |
Begegnung mit Neuseelands Wappenvogel - Besuche im "Kiwi Birdlife Park"
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Spazieren im "Kiwi Bird Life Park" Queenstown |
Unten an der Gondelstation
angekommen, bemerken wir den
„Kiwi Birdlife Park“. Der Eintritt ist hoch, fast
soviel wie bei der Skyline Gondola, aber wir wollen Kiwis sehen, den
Wappenvogel Neuseelands. Später bemerken wir, dass wir mit dem Eintritt ein
gutes Werk tun, denn in dem Park werden seltene Vögel und Pflanzen gezeigt und
für ihr Überleben geworben. Wir treten ein und kommen in ein nett
eingerichtetes Empfangszentrum mit Informationen, Souvenirs und dem Angebot
lokaler Produkte, wie dem antibakteriellen
Manuka-Honig (der aus den Blüten des
Manuka- oder Neuseeländischen Tee-Baumes gewonnen wird).
Dann spazieren wir über verschlungene Wege
durch hohen einheimischen Baumbestand zu Vogelhäusern und -käfigen. Im
Kiwihaus
ist es dunkel. Nachdem wir uns an die Dunkelheit gewöhnt haben, sehen wir im Infrarotlicht
ein verglastes Gelände mit Erdreich, auf dem Gräser und niedrige Büsche
wachsen, die heutige natürliche Umwelt der Vögel (ursprünglich lebte der Kiwi
in Wäldern).
Kiwis sind nachtaktiv, sie können
nicht fliegen, sondern laufen umher und stochern mit ihrem langen Schnabel in
der Erde, um Würmer aufzuspüren. Sie fressen auch Insekten und Früchte.
Es gibt eine Maori-Legende, die
auf ihre Weise die Flugunfähigkeit und Lebensweise des Kiwis erklärt. Einst
bedrohten Käfer den Baumbestand. Der Waldgott bat die Vögel in den Wipfeln ihm
zu helfen. Aber kein Vogel wollte seine lichte und luftige Höhe verlassen und
zum dunklen Erdboden kommen. Nur der Kiwi meldete sich. Der Waldgott warnte
ihn:
"He, Kiwi, bevor du dies
tust, solltest du dir im Klaren sein, was geschieht. Du wirst dick und plump
werden, du wirst starke Beine und Zehen bekommen mit denen du Holzscheite am
Boden auseinanderreißen kannst, du wirst deine wunderschönen bunten Federn und
deine Schwingen verlieren und du wirst nie mehr in die Baumkronen zurückkehren
können. Du wirst nie mehr das Tageslicht sehen." (zit. Nach:
http://www.maori.org.nz, Übertragung:
Brigitte Spahr)
Dennoch war der Kiwi bereit zu
helfen und den Baumbestand und damit auch seine Brüder und Schwestern auf den
Bäumen zu retten. Er blieb auf dem Waldboden. So wurde er flugunfähig und kam
zu seiner Lebensweise.
Der Kiwi ist stark bedroht. Schon
die Maoris jagten ihn und seit der Einführung von Hunden, Katzen und Wieseln
durch die Europäer wird sein Bestand noch mehr dezimiert. (In der
ursprünglichen Umwelt des Kiwis gab es keine Raubtiere oder giftigen Schlangen,
die ihm hätten schaden können.) Zudem werden seine Lebensräume immer mehr
eingeschränkt.
Wir warten vor dem Terrarium.
Nichts tut sich. Da kommt die Pflegerin und bringt Futter in die Behausung der
Vögel. Und siehe da! Aus einem Loch kommen ein, zwei Vögel, laufen umher und
picken. Kiwis sind „treue“ Gesellen, sie leben monogam, paarweise bis ans Ende
von einem. Übrigens brütet das Männchen die wenigen überdimensional großen Eier
in der Höhle aus und zieht auch die Jungen auf. Dieses Paar hier hat aktuell
keine Jungen. Auf Anweisung der
Pflegerin sind wir ganz ruhig und bewegen uns kaum, so flüchten die Vögel nicht
und wir können sie beobachten. Hin und wieder verharrt das Männchen, reckt Hals
und Schnabel empor und gibt hohe schrille Schreie von sich. Ob der Name „Ki-wi“
von diesen Rufen kommt? Ich habe die Idee, dass die Bezeichnung der Kiwi-Frucht
mit den Vögeln zusammenhängt. Ursprünglich kommt die Frucht aus China und heißt
richtig „Chinesische Stachelbeere“. Nach ihrer Einführung in Neuseeland bekam
sie die bekanntere Bezeichnung „Kiwi“. Der braune ovale Körper des Kiwi-Vogels
sieht aus wie eine überdimensionierte Kiwi-Frucht. Diese Herkunft des Namens
der Frucht ist aber nur eine Vermutung von mir.
Schließlich verschwinden die
Vögel wieder in ihrem Loch und wir gehen. Welche "Sorte" an Kiwi wir gesehen hatten - es gibt mehrere - konnten wir nicht ausmachen.
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Kiwi im Rotlicht-Foto |
Auf unserem Rundgang durch den
Park sehen wir noch andere einheimische Vögel, so den großen, olivgrün
gefärbten
„Bergpapagei“ Kea. Wenn er fliegt, sieht man die orangenfarbene
Unterseite seiner Flügel. Der Kea ist wohl die einzige Papageienart, die in
Kälte existieren kann. Auch er ist eine bedrohte Spezies. Die neuseeländischen
Schafzüchter haben ihn früher abgeschossen, da er gelegentlich Schafe anfliegt
und mit seinem großen scharfen Schnabel ihr Fell aufreißt, um an ihr Fett zu
kommen. Keas sind verspielt, neugierig und intelligent.
Ich bin noch zweimal in den Park
gegangen; mit einer Eintrittskarte hat man das Recht auf einen mehrfachen
Besuch. Ich kam gleich nach der Öffnung morgens, das sind nur wenig Besucher im
Park und man kann die Vögel besser beobachten und fotografieren. Bei unserem
ersten Besuch saßen die zwei Keas in der Volière hoch oben auf einer Stange und
beachteten uns nicht weiter. Beim zweiten Mal waren sie wesentlich
zugänglicher. Sie beäugten mich erst neugierig, dann hopste einer auf eine Zaunleiste,
unter der ich meinen Rucksack abgelegt hatte, um den Fotoapparat herauszunehmen.
Der Wärter, der dazu kann, machte mich darauf aufmerksam, dass der Vogel gleich
versuchen werde, den Rucksack zu untersuchen. Auch mein Fotoapparat sei
gefährdet, falls ich ihn ablegen sollte.
Die Vögel interessierten sich sehr für technische Geräte und legten sie
gerne auseinander. Ich mochte den Vogel und unterhielt mich mit ihm, was er mit
schiefem Blick und „Kea-Kea“-Rufen beantwortete. Offenbar langweilte ihn das
schließlich und er flog auf die Schulter des Pflegers. Von dort aus nahm er das
Futter in Augenschein, das der Wärter in einem Säckchen mitgebracht hatte und
in einen Napf schüttete: Salatblätter, Fruchtstücke und Körner. Erst nach einer
Weile geruhte er, sich über den angeketteten Napf herzumachen, zu dem dann auch
der andere herabgeflogen kam.
Weitere Vögel zeigen die Bilder.
Neuseeländische Vogelwelt
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Neuseeländische Waldtaube |
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Einen Vogel, den wir nicht im Park vorfanden: der wahrscheinlich schon von den ersten polynesischen Einwanderern ausgerottete urtümliche Riesenlaufvogel Moa (rekonstruiert in der naturkundlichen Sammlung des Auckland War Memorial Museums). Eine der ersten Rekonstruktionen eines Ganzskeletts nahm der deutschstämmige Naturforscher Julius von Haast (1822-1887) in Christchurch vor |
Und noch etwas Besonderes habe
ich im Park entdeckt. In den Morgenstunden konnte ich in einem Gehege ein
kleines urtümlich aussehendes, echsenähnliches Tier mit einem Rückenkamm
beobachten. Das war ein Glücksfall, denn das Tier ist nachtaktiv. Zudem hob es
sich kaum von seiner Umgebung ab. Es war ein
Tuatara, eine „Brückenechse“. Das
ist ein „lebendes Fossil“ aus der Zeit der Saurier. Den Tuatara gibt es ausschließlich
in Neuseeland und da auch meist nur in Sanctuarien. Die Jungen haben noch ein
drittes Auge, ein „Scheitelauge“, das bei den älteren Tieren nur noch als Loch
im Schädelknochen bemerkbar ist.
Was sie
wohl mit diesem Auge wahrnehmen? Das Tier bewegte sich nur langsam, fraß einige
ausgelegte Insekten und verschwand dann in seiner Höhle.
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"Lebendes Fossil" - ein Tuatara |
Ausflüge in die Umgegend – das
„historische“ Arrowtown, der szenische Lake Wanaka und waghalsige
Bungee-Sprünge an der Kawerau Bridge
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Hochzeitstor |
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Brautpaar in Arrowtown |
Am zweiten Tag unseres
Aufenthaltes in Queenstown machten wir eine große Überlandfahrt. Wir wollten nach
Arrowtown und Wanaka.
Arrowtown liegt etwa 20 km von Queenstown entfernt, an
einem Fluss, dem Arrow River, malerisch von Bergen umgeben. Wir parkten am
Rande und wanderten in das Städtchen hinein. Gleich am Anfang sahen wir nette
kleine, schön renovierte Häuschen mit Blumengärtchen in altem australischen Siedler-Stil.
Aus manchen der Häuschen, die als Cafés
umfunktioniert worden waren, traten chinesische Brautpaare mit ihrem Anhang,
die sich in einem nahegelegenen Parkgelände fotografieren ließen. Wir fragten
uns, warum sie gerade hierhergekommen waren. Die Lösung sollten wir später
finden. Dann kamen wir in das Zentrum des Städtchens. Um uns lauter historische
Gebäude, wohl erhalten und gepflegt, allerdings in ihnen auch eine Menge
kleiner Restaurants und Geschäfte, diese teilweise mit Gold- und Jadeschmuck. Arrowtown
ist ein lebendes Museum der Goldgräberzeit. Mitte des 19.Jahrhunderts wurde im
Fluss Gold gefunden, was einen Gold-Rush auslöste und zur Gründung des
Städtchens führte. Nach den Europäern kamen Chinesen. Wegen der Streitigkeiten
mit den Europäern mussten sie am Rande des Örtchens in primitiven Stein- und
Lehmhütten wohnen (einige sind wiederaufgebaut worden). Die frühere Anwesenheit
von Chinesen dürfte wohl der Grund sein, weshalb so viele Chinesen der Ort
besuchen.
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Arrowtown - lebendiges Museumsstädchen |
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Jade-Schmuck nach Maori-Motiven |
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In der Goldgräberstadt Arrowtown kann man heute noch Gold finden - im Fluss und in Geschäften! |
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Arrowtown hat eine reizvolle Umgebung |
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Frühling! Bekannte Blumen... |
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...und fremdländische Blüten |
Nach einem Cafébesuch spazieren
wir zum
Arrow-Fluss, der harmlos über Gerölle vor sich hinplätschert. (Wie wir lasen,
kann er auch anders! 1863 kamen viele Goldsucher bei einem verheerenden
Hochwasser des Flusses um.). Das natürliche Flussufer mit Seitenarmen ist ein
schönes Gelände mit Bäumen und Büschen. Wenn man ein Stück im Tal hinaufwandert,
kommt man an eine Furt, die die Liebhaber der
„Herr der Ringe“ – Filme
wiedererkennen könnten.
Das ist die
Furt
von Bruinen, an der Arwen den verängstigten Frodo auf ihrer Stute Asfaloth vor
den auf ihren Pferden heranpreschenden Nazgûl sicher über den Fluss bringt. Vor
den düsteren Gestalten schwillt der Fluss unüberwindlich an, was allerdings an einem
anderen Ort gedreht wurde. Viel der Szenen in dem Filmwerk sind in der Gegend
von Queenstown gedreht worden und es gibt einen richtigen
„Herr der Ringe-Tourismus" hier. Wir werden noch weitere Orte der Filmtrilogie sehen.
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Arrow River - hier wurde Gold geschürft |
Wir verlassen den Ort und fahren
weiter. Bald schlängelt sich die Straße in die die Berge hinauf. Wir kommen an
einen schönen Aussichtspunkt, von wo aus wir bis zum See Wakapitu zurückblicken
können. Dann geht es weiter in die Bergwelt hinein. Das ist eine
eindrucksvolle, urtümliche Landschaft. Wir sehen hier, wie die Berge der
Südinsel ursprünglich aussahen, mit spärlichem und niedrigem Busch- und
Baumbewuchs. Die heute vielfach anzutreffende Tannenmonokultur ist von den
Europäern eingeführt worden. Hoffentlich haben die jetzt noch schönen und
dichten Tannenwälder nicht dasselbe Schicksal wie die Fichtenbestände im
heimischen Harz, die teilweise ein trostloses Bild abgeben.
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Aussichtspunkt über Arrowtown (Arrow Junction Lookout Point) |
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Gegenüber der Aussichtsplattform entdecken wir diese wetterfeste Flaggengalerie. Sie beginnt links mit der neuseeländischen Flagge ( die vier Sterne symbolisieren das Kreuz des Südens). Dann folgt gleich die Flagge Deutschlands! |
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Im Hintergrund Queenstown und der Lake Wakatipu, aus dem der Kawerau River fließt. Die folgenden drei Bilder zeigen den Rundblick |
Nach kurvenreicher
Fahrt geht es in eine Ebene hinunter. Wir sehen einen See blau heraufleuchten.
Das ist der
Wanaka-See, der drittgrößte der Südinsel. Er erstreckt sich in
einem „Trogtal“ in einer Länge von 42 km und einer maximalen Breite von 10 km
zwischen den umliegenden Bergen, die bis 2000 m hinaufreichen. Seine
Wassertiefe von bis zu 300 m liegt teilweise unter dem Meerespiegel. An seinem
Ostende zieht sich die beliebte, aber im Gegensatz zu Queenstown recht ruhige
Touristenstadt Wanaka am Ufer entlang.
Wir stellen unser Auto an einer
grünen „Erholungszone“ am Ufer ab. Mein Blick schweift über den See. Ganz links
sehe nahe am Ufer einen Baum aus dem Wasser ragen. Es ist der Crack Willow oder
Wanaka Tree, ein Weidenbaum. Er ist ein äußerst beliebtes Fotomotiv. Ich will
die Hype um den langsam absterbenden und von Touristen beschädigten Baum nicht
mitmachen – wie auch schon bei einigen touristischen Punkten auf der Fahrt - und
erspare mir den Weg zu ihm. Die anderen sind auch schon weit voraus und wandern
der Stadt zu.
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Blick über den Wanaka-See (Bild: eron main wikmedia commons) |
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Der Wanaka Tree (Bild: jordentan wikimedia commons) |
Auf dem Uferweg entdecke ich dann
eine lange Linie von roten Ziegelfliesen. Auf ihnen sind wichtige Ereignisse
der Weltgeschichte und der Geschichte Neuseelands seit der Geburt Jesu Christi
eingetragen. Ich lese auf einer Tafel, dass dies ein „Millenium Projekt“ der
„Wannaka Community“ sei, die auf diese Weise 2000 Jahre Weltgeschichte feiert.
Einzelne Platten sind noch unbeschriftet. Hier können Spender ein Datum
eintragen, dass ihnen wichtig ist. Dieses Dokument der Weltverbundenheit am Rande
der bewohnten Welt hat mich beeindruckt. Ich schreite die Reihe ab und nehme in
Kauf, dass ich mich wieder verspäte.
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Der "Geschichts-Fliesen-Weg" am Ufer des Wanaka-Sees |
Die anderen warten geduldig auf
mich und gemeinsam treten wir in ein gemütliches Pub ein, wo wir eine Essens-
und Erholungspause einlegen. Ich bestelle neuseeländischen Hirschgulasch und
trinke ein in der Wirtschaft gebrautes Bier.
Zurück fahren wir eine andere, erst
weniger gebirgige Strecke. Wir fahren durch flache und weite grüne Flächen, auf
denen Schafe weiden. Wir sehen auch, dass hier Wein angebaut wird, was wir in
dieser Gegend nicht erwartet hätten. Wir fahren an einem langgezogenen See
vorbei, dem
Lake Dunstan. Im Gegensatz zu anderen Seen, die durch Gletscher
entstanden, wurde er aufgestaut. An dessen Ende passieren wir den Ort
Cromwell,
auch eine ehemalige Goldgräbersiedlung. Dann wird es wieder gebirgig, wir
fahren in das enge Tal des
Kawerau River ein, der aus dem Lake Wakatipu kommt
und in den Lake Dunstan mündet. Das Tal wird zur felsen- und waldgesäumten
Klamm, der Kawerau Gorge, durch die sich Fluss und Straße winden. Es ist eine
wilde Landschaft, die wir erleben, unter uns der dahinschießende, schäumende
Fluss, über uns schroffe Bergzüge.
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Landschaft bei Queensberry |
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Kawerau Gorge |
Das Kawerau-Tal ist auch wieder
Schauplatz von Szenen im Film
„Der Herr der Ringe / Die Gefährten“).
Selbst hier machen uns Schilder
auf Weingüter aufmerksam, die sich auf Talerweiterungen ausbreiten. Wir haben
aber ein anderes Ziel: Das Kawerau Bungy Centre, auch von AJ Hackett betrieben.
Es ist das älteste kommerzielle Bungee-Zentrum, sofern man hier von alt reden
kann. Es wurde 2003 eröffnet.
Wir fahren auf den Parkplatz ein.
Wir sehen eine Hängebrücke in älterer Bauweise vor uns und lesen, dass sie 1881
der Öffentlichkeit übergeben wurde. Man baute sie, damit Goldgräber über den
Fluss zu Goldlagern am und im Fluss kommen konnten. Jetzt ist sie eine
Goldgrube für den Unternehmer Hackett. Von hier oben wird gesprungen, seit 1988. 38 000 Menschen springen jährlich.
Ehe wir uns die Sprünge von der
Brücke ansehen, treten wir in das modern gestaltete Zentrum ein. Es geht in
eine riesige Halle hinunter; mit ihren Verkaufs-, Informationsständen, Leucht-
und Projektionsflächen meinen wir in eine Markthalle geraten zu sein. Das
Abenteuer ist voll durchkommerzialisiert. Es werden hier aber nicht nur
Bungee-Sprünge angeboten, es gibt auch eine 130 m lange Seilrutsche, den
„Kawerau
Zipride“. Alles zusammen kostet 225 Neuseeländische Dollar (das sind ungefähr
130 Euro).
Die umliegende Landschaft:
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Das Kawerau-River-Tal von der Bridge flussaufwärts gesehen (Richtung Queenstown) |
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Blick flussabwärts (Richtung Cromwell). Irgendwo hier standen die riesigen Statuen der Argonath, an denen Frodo und seine Gefährten in Elbenbooten entlang fahren ( "Herr der Ringe, Die Gefährten") |
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"Kamel-Höcker"-Berg |
Eigentlich hatten zwei von uns
fünfen vor zu springen. Aber beim Anschauen der Sprünge verzichten sie – „zu
müde“ von der Fahrt ist die Begründung. Es war auch so interessant genug, den
Bungee-Springern und Seilrutschern zuzuschauen. Und die landschaftliche
Umgebung ist ohnehin phantastisch!
Unseren
beiden ging es nicht allein so: ein junger Mann, Chinese wohl, steht neben mir
und fragt mich, ob ich springen wolle. Ich verneine und frage ihn, ob er das
vorhabe. Er sei dazu hierhergekommen, sagt er, aber jetzt habe ihn der Mut
verlassen.
Ich gehe nach oben auf die
Brücke, zur Absprungplattform. Es stehen eine ganze Reihe von Menschen an und
warten, bis sie dran sind. Meist sind es Jüngere, aber auch einige Ältere. Auch
Kinder warten (man darf mit Einwilligung der Eltern ab 10 Jahren springen.)
Jetzt sitzt eine Frau mittleren Alters auf der Absprungkante. Sie konzentriert
sich und lächelt in sich hinein. Ich kann nicht erkennen, ob sie aufgeregt ist.
Dann steht sie auf und macht sich zum Absprung fertig. Ich gehe schnell zur
Seite, um ihren Sprung zu fotografieren. Ich höre: drei, zwei, eins – Bungee!
Sie springt ohne zu zögern.
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Konzentration vor dem Absprung |
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Jetzt ist sie gesprungen ( man sieht, es gibt mehrere Sicherungsseile) |
Rasante Jetbootfahrt auf dem
Dart River und Eintauchen in „Mittelerde“
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Bild: www.dartriver.co.nz |
Ein weiterer Ausflug führte uns
nach Glenorchy am nördlichen Ende des Wakatipu-Sees. Wir wollten dort an einer
Jetbootfahrt auf dem Dart River teilnehmen. Schon der 43 km lange Fahrt nach
Glenorchy am See entlang durch Wälder und Buschland ist atemberaubend. Immer wieder gibt es großartige Ausblicke auf
den See und die weißen Bergketten des Mount Aspering Nationalparks im
Hintergrund. Bei der Fahrt von Queenstown bemerkt man an der Straßenführung die
S-Form des Sees. Auf der Karte kann man das deutlich sehen. Mit etwas Phantasie
kann man in der Form des Sees einen liegenden menschlichen Körper in
Schlafhaltung erkennen. Ich habe eine Maori-Legende gefunden, die die
Entstehung des Sees auf diese Weise erklärt:
Einst hatte ein Häuptling eine
sehr schöne Tochter, um die viele Krieger warben. Sie verliebte sich in einen
von ihnen; der Vater ließ sie aber nicht heiraten. Da raubte ein in den Bergen
wohnender Riese die Schöne. Der Vater versprach demjenigen die Heirat, der sie
befreite. Den beiden Liebenden gelang die Flucht und sie durften heiraten. Der
tapfere Krieger hatte noch mit dem Riesen ein „Hühnchen zu rupfen“. Er traf den
Riesen auf seinem Farnbett schlafend an und setzte ihn und das Lager in Brand.
Der brennende Körper, aus dem das Fett herausfloss, brannte ein tiefes Loch in
den Boden. Außerdem schmolz durch die Hitze der Schnee in den Bergen. Das
Wasser füllte das Loch, welches die verbrannte Leiche hinterlassen hatte - und so
entstand der See mit seiner eigentümlichen Form.
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Halt auf dem Weg nach Glenorchy... |
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...und das ist das Panorama (Im Hintergrund die Gipfel des Mount Aspiring Nationalparks) |
In Glenorchy angekommen machen
wir erst einmal einen Rundgang durch die verstreut liegenden Häuschen des Ortes
mit ihren Gärten. Dann legen wir eine Pause in einem Shop mit Kaffeestube ein. Schließlich
begeben wir uns in den Empfangsraum des Bootbetreibers
„Dart River Aventures“.
Dies ist der einzige Tourismusoperator, der
den Fluss mit seinen Booten befahren darf. Das Unternehmen ist mit den
„Ngāi
Tahu“, den
einheimischen Maori-Stämmen, verbunden.
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Post / Shop / Café in Glenorchy |
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Tafel an einem Zaun der Schule von Glenorchy: "Möge Glenorchy weiterleben für die kommenden Generationen, indem es für den Himmel oben und unten Sorge trägt und ihn bewahrt" |
Wir sehen uns im Raum um. Neben
den Out-Door-Klamotten, die angeboten werden, fällt mir ein riesiger grüner
Stein auf, der in der Mitte des Empfangsraumes steht. Es ist ein
Jade-Stein.
Wie ich lese, heißt er (auf Maori):
„Te Matua o Manatu“. Das bedeutet:
„Vater
der Erinnerung“. Er soll eine "kostbare Erinnerung an den liegenden Riesen
Te Koroka" sein. Der Gedenkstein stand auf einem Pfad, auf dem einst die
alten Maori wanderten und nach
„Pounamu“ (Jade) suchten.
Der
Legende nach floss
aus dem Mund des Riesen Te Koroka, der von Vorfahren der Maoris hoch auf den
Bergen liegend gefunden wurde, eine Jade-Mine. Nach den Erzählungen der Maoris
sind die Berge zu Stein geworden Halbgötter, die weißen Gipfel ihre
altersgrauen Haare; die Seen wurden von einem Ahnen mit seinem Grabstock
geschaffen (die oben erwähnte Legende erzählt die Entstehung des Sees Wakatipu allerdings
anders).
Nach einer anderen Legende sind die Jade-Steine die "Essenz" einer schönen Frau. Ein meist guter Wasserdrache (man nennt sie
"Thaniwha") habe diese Frau beim Baden überascht und - von ihrer Schönheit betört - sie in sein Reich entführt. Sie war mit einem Häuptling verheiratet und das Paar liebte sich sehr. Die Drachen erkannten, dass sie die Frau nicht würden halten können. Ihr Mann und sie selbst würden alles tun, damit sie frei käme. So verwandelten die Drachen die Frau in Jade-Steine im Bergfluss, um sie bei sich zu behalten. Als der Mann die Reste seiner Frau fand, erkannte er sie an der Schönheit der Steine, die ihm entgegen leuchteten. Er erhob einen Klagegesang. Wenn man aufmerksam in den Bergen wandert, soll man das Echo des Klageliedes noch heute hören können.
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Der Jade-Gedenkstein im Empfangsraum des "Dart River Adventures"-Unternehmens |
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Ein Jadestein im "Kiwi Birdlife Park" in Queenstown. |
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Von den Indigenen angefertigter Jade-Schmuck (Manaia-Amulett, schützt vor Bösem. Manaia ist eine mythologische Figur der Maoris, ein Mischwesen gebildet aus Mensch-, Vogel- und Fisch- oder Schlangenelementen) |
Nach einer Weile kommen die
Guides, ein Busfahrer und der Bootführer. Wir erhalten Instruktionen über die
Route und das
Verhalten bei der
Busfahrt und auf dem
Boot. Am Schluss werden uns
klobige Rettungswesten und wasserdichte Capes ausgehändigt. Wir besteigen einen
geländegängigen Bus und los geht es.
Erst fahren wir durch Wiesen- und
Weidegelände, das den Namen „Paradise“ trägt. Hier haben die ersten Siedler
ihre Farmen errichtet. Dann kommen wir ins Flussgebiet. Der River windet sich
in breiten und engen Schlingen durch das baumumstandene Tal, wobei er
verschiedene Arme ausbildet. Das grüne Wasser fließt an breiten Stellen langsam,
an Verengungen schnell. An den Ufern hat der River breite Stein- und Sandbänke
angehäuft. Immer wieder ziehen die Gletscherberge den Blick auf sich, aus denen
der Fluss kommt. Wir kommen an einem kleinen See vorbei, der „Diamont Lake“
heißt – sein Name passt zu der glitzernden Wasserfläche. Das alte Gehöft bei
ihm heißt „Arcadia Homestead“. Die
Siedler müssen einst die Gegend wie ein „Paradies“ empfunden haben. Wir können
das nachempfinden.
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"Paradise" |
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Der Flusslauf des Dart River - mit rasendem Boot (Bild: www.dartriver.co.nz) |
Jetzt hält der Bus. Am Fluss
breitet sich eine Kiesbank aus, dahinter erstrecken sich Grünflächen, auf denen
wir aussteigen. Seitwärts von uns erhebt sich ein Bergzug, der im unteren
Gereich von grünem Wald gesäumt wird. Wir steigen aus und stapfen in den Wald.
Der Führer erklärt uns, dass dies ein ursprünglicher und nach dem Raubabbau der
frühen Siedler geschützter und naturbelassener Wald sei, mit Bäumen, die es
schon vor 80 Millionen Jahren gegeben habe. Sie sind Überbleibsel aus der
Gondwana-Zeit, in der Neuseeland noch zu diesem Großkontinent gehörte. (Als
Neuseeland davon abgetrennt wurde, haben sich in der Isolierung manche der
alten Pflanzen- und Tierarten erhalten.)
Wir wandern über schmale Wege an hohen
Bäumen mit dicken, knorrigen Stämmen vorbei, eine Art von Buchen. Doch auch das Unterholz mit Farnen, Moosen und Flechten ist interessant. Manchmal
müssen wir über gestürzte vermooste Baumriesen klettern. Hatte uns vorher
strahlendes Sonnenlicht geblendet und uns Sonnenbrillen aufgenötigt, so lassen
nun die Blätterkronen der Bäume nur noch gedämpftes Zwielicht hindurch. Ein Zauberwald! Uns überkommt die Vorstellung,
gleich könnten „Elben“ oder einer der Zauberer aus dem Film „Herr der Ringe“
hinter einem Baum hervortreten. Manche der Bäume erinnern uns an die kämpfenden
und sprechenden Baumriesen in diesem Film. Tatsächlich wurden auch hier Szenen
des Werkes gedreht. Wir sind in „Lothlórien“ – dem „Goldenen Wald“ - gelandet. In dem Buch von Tolkien wird der Wald, den Frodo
und seine Gefährten erblicken, folgendermaßen beschrieben:
„…Auf der anderen Seite erhob
sich zu großer Höhe eine grüne Mauer; sie umgab einen Berg, der dicht mit
Mallornbäumen, größer als alle, die sie bisher in diesem Land gesehen hatten,
bestanden war. Ihre Höhe ließ sich nicht erraten, aber sie ragten in der
Dämmerung empor wie lebende Türme. In ihren reichverzweigten Ästen und zwischen
den sich unablässig bewegenden Blättern schimmerten unzählige Lichter, grün,
golden und silbern…“ (Der Herr der Ringe, Teil 1, Die Gefährten, Klett-Cotta,
Stuttgart, unterschiedliche Ausgaben, Jahres- und Seitenzahlen)
Man könnte meinen, dass der englische
Schriftsteller hier in diesem mythischen Wald war – tatsächlich war er das
nicht. Es blieb dem aus Neuseeland stammende Regisseur Peter Jackson überlassen,
die Eignung neuseeländischer Orte als Kulisse für den Film zu erkennen.
Auch die Berge sind Hintergrund
und Schauplätze im Film für
„Mittelerde“. Die Flusslandschaft ist die Vorlage
für
„Isengart“, der Bereich des Zauberers
Saruman. Die
Türme seiner Festung
wurden allerdings an den Computern der Filmstudios geschaffen. Orks haben wir
in dem stillen Wald nicht gesehen, aber es gäbe Wildschweine, erklärt der Guide,
die könnten auch bösartig sein (Schweine wurden von Kapitän Cook eingeführt und
verwilderten.)
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Im "Zauberwald" (Bild: www.dartriver..co.nz) |
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Ist dieser Riesenstuhl noch ein Überbleibsel aus dem Film der "Herr der Ringe"? |
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Gandalf aus dem "Herr der Ringe" im Zauberwald. Bild an einem Gebäude in Glenorchy |
Nach dem Waldspaziergang kommen
wir zum
Boot, das am Ufer liegt. Nun hat der Bootsführer, ein smarter und
witziger junger Mann, das Sagen. Wir steigen ein und es geht in
rasender Fahrt
flussaufwärts. Das Wasser spritzt, wir klammern uns an die Halterungen und
halten die Mützen fest- einem Mann neben mir und auch Dagmar fliegt sie davon.
Manche der meist
jungen Teilnehmer stoßen Schreie aus – ist es Angst oder Begeisterung? An
Fotografieren ist nicht zu denken. Das Boot ist sehr flach und wird durch Wasserdüsen
angetrieben. Rasant geht der Bootsführer in Kurven. Die wilde Fahrt endet in
einer Felsenbucht. Der Führer fährt in die Felsen, bis es nicht mehr
weitergeht. Er setzt das Boot ein Stück zurück und lässt es ruhig liegen. Wir
haben Zeit, uns zu erholen und umzuschauen. An einem Ufer lagert eine Gruppe
von Kajakfahrern, die ein Picknick einnehmen. „Dart River Adventures“ bietet
auch Fahrten mit aufblasbaren Kajaks an. Schließlich lenkt der Steuermann das
Boot wieder in den Fluss hinein und es geht zurück. Ich habe den Eindruck, dass
der Bootsführer jetzt erst richtig aufdreht, wir erreichen wohl
Geschwindigkeiten um die 50 km/h und vielleicht noch mehr.
Der Steuermann macht sich einen Spaß daraus,
Felsen im Fluss scharf anzufahren und kurz vorher auszuweichen. Er schafft das
gekonnt, wir verlieren die Ängste und haben immer mehr Vergnügen an der Fahrt.
In den Flusskurven nimmt das Boot eine extreme Schieflage ein. Manchmal hebt
der Bootsführer die Hand und macht eine kreisende Bewegung. Das heißt, wir
sollen uns festhalten. Dann dreht er das Boot auf der Stelle, es hebt sich aus
dem Wasser und setzt nach der Drehung seine rasende Fahrt in der alten Richtung
fort.
Der Fluss wird breiter und wir
landen an einem Bootssteeg an. Der Bus bringt uns die kurze Strecke zum
Empfangsgebäude zurück und wir entledigen uns der Ausrüstung. Zum Abschied
erhalten wir als Andenken einen kleinen dunkelgrünen „Pounamu“, einen Jadestein.
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Zur Abfahrt auf den Dart River bereit |
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Bild: www.dartriver.co.nz |
Auf dem Heimweg halten wir
Rückblick auf das Erlebte und sind uns einig: wir haben das Abenteuer gut
bewältigt und das, obwohl Dagmar und ich sicher mit Abstand die ältesten
Teilnehmer waren. Ein wenig bedaure ich es aber, dass wir zu Teilen so durch
die phantastische Landschaft gerast sind. Ich würde gerne wiederkehren und sie wandernd
und meditativ durchstreifen, aber unsere Zeit in Queenstown neigt sich dem Ende
zu.
Am Abend spaziere ich ein Stück
den
Ben Lommond-Berg hinter unserer Ferienhaussiedlung hinauf. Der Weg führt
durch dichten Tannenwald. Ich komme mir vor wie im Schwarzwald.
An einigen Stellen habe ich eine
beeindruckende
Aussicht auf das gegenüberliegende Bergmassiv, den See und die
Häuser von Queenstown. Morgen fliegen wir nach Auckland.
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Dies ist auch der Mountain-Bike-Weg von der Sky Gondola Station |
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Letzte Blicke auf Queenstown und Lake Wakatipu |
Auckland – Gang durch Zentrum und
Hafengelände
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Sky Tower - "Ikone" Aucklands |
In Auckland kommen wir abends an
und beziehen ein Hotel in der Innenstadt. Vom hochgelegenen Zimmer aus blicken
wir auf einen grünen Park und Hochhäuser. Unten fließt viel Verkehr. Am
nächsten Morgen suchen wir ein Café zum Frühstück. Wir bemerken schnell. Hier geht
man meist nicht zu Fuß, sondern fährt mit dem Auto. In einer Seitenstraße
finden wir ein großes Café mit reichhaltigem Angebot. Viele Auckländer sitzen
hier vor dem Arbeitsanfang und nehmen ihr Frühstück ein. Wie in Australien
scheint die Frühstückskultur ausgeprägt zu sein. Dann wandern wir durch das umliegende
Stadtviertel zum hoch in den Himmel ragenden Sky Tower hinauf, den wir aber
noch nicht besichtigen wollen. Die Stadt ist ziemlich hügelig, Auckland liegt
auf einer Menge von erloschenen Vulkanen, ein richtiges Zentrum mit großen Fußgängerzonen
ohne Verkehr gibt es nicht, trotz der breiten Bürgersteige, großen Geschäfte
und vielen Restaurants. Die Straßenüberquerungen sind langwierig. Später
entdeckten wir allerdings schön gestaltete Plätze, z. B. um das Transport-Zentrum Britomart in der Nähe des Hafens, ein hiper Treffpunkt inmitten
moderner und alter Gebäude für Besucher und Einwohner, vor allem abends!
Wir laufen die
Queen Street
hinunter Richtung Hafen. Das ist die belebte Hauptstraße Aucklands mit vielen
repräsentativen Gebäuden, Kaufhäusern, Banken, Arkaden, Geschäften und Schnellgaststätten, aber auch Verkehr.
Auffällig ist das multikulturelle Flair der Passanten. Menschen aus aller Welt, vor allem
Asiaten, flanieren auf den Gehwegen. Unter anderem fiel uns die prächtige
klassizistisch-barocke, aus weißem Kalkstein errichtete
Town Hall mit Turm und
Konzertsaal auf. Ein paar Schritte entfernt war der ruhige und ausgedehnte
Alberts Park. Hier ruhten wir uns auf einer Bank aus und ließen den Blick über
hohe Phönix-Palmen, ausladende Ombu-(Elefanten-) Bäume, Blumenbeete und
Skulpturen schweifen. Am Rande sehen wir die modernen Gebäude des Universitätsgeländes mit dem älteren Glockenturm.
An der Vegetation und an der milden Temperatur merken wir, in Auckland sind wir
in im Gegensatz zu Queenstown wieder in einer
subtropischen Zone.
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Auckland Queen Street (Bild: ChewyPinapple wikimedia commons) |
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Townhall ( Bild: wie oben) |
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Palmen im Albert Park (Bild: Mk6aizsc wikimedia commons) |
Das Gelände des
Waitemata-Hafens
mit seinen weit ins Wasser reichenden Piers ist ausgedehnt und eindrucksvoll,
vollgepackt mit Schiffen - Frachtschiffen, Fähren, Yachten. Auckland liegt ja
inmitten von Meeresbuchten, Landzungen, Inseln und Stränden. Die größten
Stadtteile liegen auf einem
südlichen Landteil und einer
Halbinsel, der
Nord
Shore („Nordinsel“).
Der Landteil ist
inselartig von zwei Buchten im Westen (Tasman See) und Osten (Pazifik) umgeben.
Die Segeltradition Aucklands ist durch die America´s Cup-Siege Neuseelands
bekannt geworden, im New Zealand Maritime Museum am Hafen ist ihr viel Raum
gewidmet. Nicht umsonst heißt Auckland
"City of Sails". Wie es heißt, besitzt jeder dritte Haushalt in Auckland ein Boot. Wir
spazieren auf dem Gelände mit ihren Anlagen umher, blicken auf die Schiffe und
die gigantische Straßenbrücke
Harbour Bridge, die die City mit der Nord Shore verbindet. Dann treffen Dagmar und ich uns mit den beiden anderen, die die
Stadt kennen, nicht laufen wollten und mit dem Auto fuhren. Es gibt viele elegante
Restaurants zur Auswahl. Wir betreten eines, dass zur "Happy Hour" Austern mit einem Glas Sekt anbietet. Die großen Austern sind ganz frisch und
schmecken außergewöhnlich gut.
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Hafenspaziergang |
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Segeln vor der Harbour Bridge (Bild:www.newzealand.com) |
Die beiden anderen fahren mit dem
Auto zurück, wir wollen wieder laufen. Wir nehmen die Albert Street als
Rückweg, ebenfalls eine belebte Zentralstraße. In der
St. Patrick Kathedrale
mit ihrem schönen Innenraum machen wir wieder eine besinnliche Pause. Die
Kathedrale ist die Bischofskirche des römisch-katholischen Bistums Auckland. Was
uns in der
Albert Street auffällt, sind die vielen Coffee-Shops. Kaffee ist wie
in Australien Kult. Wir laufen in den Hochhausschluchten immer in Richtung Sky
Tower weiter, der uns als Richtpunkt dient.
Leider war das Gehen auf den Straßen durch umfangreiche Baumaßnahmen
beeinträchtigt, irgendwann einmal verlieren wir die Orientierung und verirren
uns in Nebenstraßen. Ziemlich ermattet vom Pflastertreten kommen wir dann doch
in unserem Hotel an. Wir hätten natürlich auch mit dem Bus fahren können, aber
das war uns zu kompliziert und wir hätten auch nicht so viel gesehen.
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St. Patrick Kathedrale |
Piha Beach – Strandspaziergang
auf Vulkansand
Für den Nachmittag wollten wir
keine Besichtigung in der Stadt mehr machen, uns war nach Natur zumute. Ein Besuch der Hobbitsiedlung Hobbiton
interessierte uns nicht. Ich wäre gerne in das Vulkangebiet um Rotorua
gefahren, aber das war zu weit. Zur Debatte stand dann die Halbinsel Coromandel
mit einem vielfältigen Angebot an Regenwäldern, Stränden und hübschen Orten. Doch
dazu war die Zeit zu knapp. Unsere beiden Auckland-erfahrenen Begleiter
schlugen vor, zum Piha Beach zu fahren. Der Strand und die Fahrt dahin seien
sehr sehenswert und die Fahrt würde nur ca. 45 Minuten dauern. Wir waren
einverstanden und ließen uns überraschen.
Eine ganze Weile ging es Richtung
Westen durch die ausgedehnten Vorstädte Aucklands mit Einzelhäusern, Gärten
und jeweiligen kommerziellen Zentren. Dann wurde die Besiedlung spärlicher und
der Baumbestand rechts und links von der Straße dichter. Wir traten in die
bergigen Waitakere Ranges ein. Wir fahren längere Zeit durch den dichten
subtropischen Regenwald: hohe Palmen, Farnbäume, darunter Büsche, langblättrige
Pflanzen. Wir staunen über diese tropisch anmutende und eigentümliche
Pflanzenvielfalt, wohl meistens einheimische Pflanzen, auch wieder Überbleibsel
aus der Gondwana-Zeit. Wir hatten gedacht, dass Neuseeland durchweg zu den
kälteren Regionen der Erde gehört. Irrtum! Die Spitze der Nordinsel Neuseelands
liegt auf der Höhe von Sidney und damit in der subtropischen Klimazone. Teile Neuseelands liegen übrigens auf der Weltkugel
Spanien gegenüber, sind also dessen „Antipoden“.
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Subtropische Vegetation in den Waitakere Ranges (Bild: J. Shook wikimedia commons). Die Pflanzen im mittleren Bereich sind keine Palmen, sondern Farnbäume. Auch der Silberfarn ist ein Wahrzeichen Neuseelands |
Es geht durch Buschland und
an Sumpfseen vorbei zu einigen Empfangseinrichtungen des Strandgebietes. Wir
erfahren von unseren beiden Begleitern, dass es nicht weit entfernt von hier
einen reizvollen Wasserfall im Wald gibt, die Kitekite Falls. Wir besuchen ihn
aber nicht, da wir den Strandspaziergang vor dem Eintreffen der Flut machen
sollten, die in absehbarer Zeit den Strand überfluten wird. Wie ich später
lese, haben wir aber auch aus einem anderen Grund gut daran getan, den Fall nicht zu besuchen. Die Wanderung zu ihm gefährdet die in den Waitakere Ranges wachsenden Kauri-Bäume. Die den Maoris als Ahnen geltenden oft riesigen und uralten Bäume sind durch eine Krankheit, die von Wanderern weitergeschleppt werden kann, massiv bedroht. Leider halten sich viele Besucher und Tourismusunternehmen nicht an die Empfehlung, den Track zum Wasserfall nicht zu begehen. Auch der Gemeinderat von Auckland konnte sich nicht dazu durchringen, den Weg zu sperren.
Durch Dünen wandern wir den Weg
zum Strand hinab. Wir kommen an einem Schild vorbei, das uns darauf aufmerksam
macht, dass hier das Brutgebiet von geschützten Strandvögeln liegt, die wir in
Ruhe lassen sollen. Rechts von uns breitet sich das Bett eines flachen
Stehwassers aus, das sich zum Meer hinzieht. Wir sind am Strand angelangt. Nach beiden
Seiten erstrecken sich schwarze Sandflächen gegen die weißbekrönte Wellen
der Tasman-See anbranden. Es ist Eisensand vulkanischen Ursprungs. Hier und an
vielen Orten, vor allem der Nordinsel, bemerkt man, dass Neuseeland zum
„Pazifischen Feuerring“ gehört und einige der aktivsten Vulkane der Erde
besitzt. Rechts und links ist der Strand durch begrünte Felsenhügel
begrenzt. Der zur rechten Seite erinnert
an die Gestalt eines liegenden Löwen und heißt deshalb Lion Rock. Einige Leute
klettern auf ihm herum, wohl um auf dem Gipfel die Aussicht zu genießen. Es ist
Wochenanfang und so sehen wir nur wenige Leute am Strand umhergehen. Am
Wochenende kann es hier ziemlich voll werden, es kommen Surfer und Schwimmer.
An diesem Strand wurde wohl das Surfen in Neuseeland begründet. Heute surft
niemand und nur einige Schwimmer planschen in Ufernähe herum. Es ist keine
Aufsicht da und das Schwimmen und Surfen ohne Rettungsbereitschaft ist wegen
der Strömungen gefährlich.
Wir genießen es, den Strand
entlang zu wandern, die angespülten Muscheln und Schnecken im Sand zu
betrachten und die Vögel zu beobachten. Wir spazieren zum linken Felsenhügel,
bei dem sich poröses Geröll vulkanischen Ursprung häuft. Die beiden Felsen sind
Überbleibsel von Vulkanen. Im Felsen befindet sich eine große Höhle, in deren
Halbdunkel wir eintreten. Sie füllt sich schon langsam mit Wasser, die Flut ist
im Anmarsch. Auch die Dämmerung beginnt
sich am Himmel abzuzeichnen. Wir schlendern zum Parkplatz zurück. An den Eingangsgebäuden
finden wir Duschen, an denen wir unsere schwarz gewordenen Schuhe vom Lavasand
befreien.
Am Abend steht uns noch ein
besonderes Ereignis bevor. In der Nähe unseres Hotels gibt es ein koreanisches
Restaurant, in dem wir essen. Alles ist echt koreanisch, die Einrichtung, das
Essen, die Bedienung, die Atmosphäre. Die koreanische Sea-and-Vegetable-Food ist für unsere
Gaumen ungewohnt, wir bekommen nicht alles hinunter. Aber es war ein Erlebnis.
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Echt koreanisch! |
Blick auf Auckland aus
schwindelnder Höhe – Sky Tower
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Bilder: www.mymagicphoto.com |
Für den nächsten Morgen haben wir
den
Sky Tower auf dem Programm. Wir wandern wieder die Straße zu dieser überall
sichtbaren „Ikone“ Aucklands hinauf. Um ihn ist eine ganzer
„Entertainment“-Komplex errichtet worden (und noch teilweise im Bau),
Restaurants, Bars, Theater, Casino und anderes. Wir treten an eine Kasse ohne
Andrang und wollen den Eintritt für die Auffahrt bezahlen. Die Dame fragt mit
Blick auf meine grauen Haare: „Do you really want to jump down?“ Wir sind an
die Kasse für den Bungee-Sprung vom Turm geraten! Wir blicken die schwindelnde
Höhe des Turmes hinauf. Dann schüttle ich den Kopf und sage: „Not yet. Maybe
another time.“ Die Dame lächelt: „You may do it, it´s almost without risk“. Dann
schickt sie uns zur richtigen Kasse. Dort wartet eine lange Schlange, ganze
Schulklassen sind dabei. Da winkt uns ein junger Mann zu sich heran und fragt,
ob wir eine Fotodokumentation unseres Besuches wollten. Wir könnten dann gleich
den Eintritt mitbezahlen. Der Bildband über den Turm mit eingelegten
Besuchsbildern sieht prächtig aus und das Andenken an den Besuch ist uns den
nicht unbeträchtlichen Preis wert. Wir werden fotografiert und können die
Dokumentation nach dem Besuch abholen. Und - o Wunder - wir finden uns auf den
scharf gestochenen Bildern in hoher Aussichtsposition oben auf der
Turmplattformen wieder - bei Tag und bei Nacht - obwohl wir beim Fotografieren noch gar nicht oben waren! Was die Fototechnik heutzutage
alles vermag! Wir werden an den Schlangen vorbei gewinkt und fahren mit dem
Aufzug hinauf.
Ich unterbreche hier die
Schilderung unserer Auffahrt und teile einiges über den Turm mit, was ich
später in der Dokumentation gelesen habe. Der Turm misst bis zur Sendemast-Spitze 328 m.
Er ist das höchste frei stehende Bauwerk der südlichen Hemisphäre. Er besitzt zwei
verglaste Aussichtsplattformen auf 186 Meter Höhe (Hauptaussichtsplattform) und 182 Meter Höhe (Sky Café) und eine weitere auf 220 Meter (Sky
Deck). Die untere Aussichtsplattform verfügt über einen Glasboden. Zwei Restaurants
und ein Café stehen dem Besucher auf dem Turm zur Verfügung, ein Drehrestaurant
dreht sich in 60 Minuten um die eigene Achse. Zum Vergleich: der Eiffel-Turm
ist 300 m hoch, der Sidney Tower 305 m, der Fernsehturm in Berlin 368 m, der
Menara-Turm in Kuala Lumpur 420 m, der Tokyo Skytree 634 m, der Burj Khalifa in Dubai 828 m.
Die Konstruktion des Turmes wurde
1994 begonnen - nicht ohne Widerstände. Verwendet wurde eine enorme Masse an Stahl
und Beton, an Stahl allein 2000 Tonnen. Die Fundamente liegen 15 Meter tief im
Boden. 1000 Arbeiter waren damit beschäftigt, den schlanken Koloss zu
errichten. Er vermag ein Erdbeben bis zu 8,0 auf der Richterskale und
Windgeschwindigkeiten bis 200 km/h auszuhalten. Die Kosten der Konstruktion
betrugen 85 Millionen Neuseeländische Dollar. Mit der Eröffnung des Turms 1997
wurde er schnell zum Wahrzeichen Aucklands und zur Touristenattraktion.
Jährlich machen 450 000 Besucher die „Sky Tower Experience“.
Wir fahren hoch. Der Lift
gleitet lautlos in nur 40 Sekunden zur ersten Plattform. Wenn man laufen
wollte, müsste man 1 267 Treppen steigen! Wir werden höflich vom Liftboy
verabschiedet und treten hinaus. Eine Menge Leute wandeln umher und betrachten
die Aussicht, an einzelnen Standorten drängeln sich die Besucher, lärmende
Kinder machen sich auf Entdeckungen aufmerksam (erst später bemerken wir, dass
man auf der zweiten Plattform sehr viel mehr Ruhe hat). Das 360-Grad-Panorama
ist wirklich umfassend. Angeblich sieht man bis zu 80 km in die Ferne. Einen
besseren 3-D-Plan über Auckland und seine Umgebung kann es gar nicht geben.
Unter uns sehen wir die Harbour
Bridge, die sich über einen Meeresarm spannt. Daran schließen sich die ausgedehnten
Hafenanlagen mit ihren Piers an. Auf der Wasserfläche – es sind die pazifischen
Gewässer des Hauraki Gulfes - heben sich in der Nähe und in der Ferne
langgezogene Inseln heraus. Deutlich sehen wir auf ihnen einzelne Vulkankegel
hervorragen. Zwischen der bebauten Nordinsel (mit der Basis der Royal New
Zealand Navy) und den Spitzen der bewaldeten Halbinsel Coromandel liegt eine
breite Meeresausfahrt, auf der Schiffe ihre weiße Spur ziehen. Wieder unter uns:
Fast bis zu uns hoch reichende Hochhaustürme und seitwärts rechts davon
die grünen Flächen des Albert Parks. Auf
einem baumbestanden Hügel sehen wir das weiße Gebäude des Auckland War Memorial
Museums, das wir nachmittags besuchen wollen. Dann wieder Hochhäuser, zwischen
denen wir die markante Town Hall mit ihrem Turm entdecken. Hinter den
Hochhäusern erstrecken sich weit ins grüne, hügelige Land die Vorstädte der
Metropole mit kleinen Gebäuden. Dann verliert sich der Blick in fernen blauen
Bergzügen und Wasserflächen.
Blicke vom Sky Tower Auckland...
 |
... auf Yachthafen und Harbour Bridge, die die City mit der besiedelten Nordinsel ("North Shore") verbindet |
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Unter uns Hochhäuser, Hafenpiers und jenseits des Wassers "North Shore" |
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Im Vordergrund Parkplatz-Pier, North Shore-Anlegeplatz, Vulkanhügel (Mount Victoria) und dahinter die Vulkaninsel Rangitoto |
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Einzelne Hochhäuser ragen fast bis zu uns hinauf |
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Tief unter uns Straßen ( im Hintergrund der Albert Park) |
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Aus den Bäumen des Albert Parks heben sich die Türme der Town Hall (links) und der Glockenturm der Universität (rechts) hervor |
Plötzlich strömen Menschen auf
einen Punkt an der Glaswand zu. Hier werden gleich die
Sky Jumper vorbeifliegen.
Und da stürzen sie auch schon herunter, zu mehreren, in blau-gelber Schutzkleidung,
eingehängt in zwei Drahtseile, mit ausgebreiteten Armen. Wir blicken nach
unten. Auf der Straße sehen wir ein Viereck mit Sprungtuch. Dort unten landen
sie. Was wir sehen, ist kein freier Fall. Die Springer hängen in Seilen,
deren Geschwindigkeit reguliert und unten abgebremst wird. Deshalb konnte die
Dame unten sagen, es sei „kaum ein Risiko“ dabei.
Trotzdem gehört Mut dazu, sich 192 m in die
Tiefe fallen zu lassen.
 |
Der (die) Springer(-in?) hat eine tolle Kulisse vor sich, aber... |
 |
...vielleicht ist es besser, nicht nach unten zu blicken! |
 |
Hier wird er/sie landen |
Wer nicht den Mut zum Sprung hat,
kann sich mit dem
Sky Walk begnügen. Wir gehen nach oben in das zweite
Restaurant. Da sehen wir sie „walken“. Im orangenen Schutzanzug und durch
Drahtseile gesichert gehen sie unter Anleitung auf einem schmalen Metallgittersteg,
der den Turm umzieht, blicken nach unten, lehnen sich über die Tiefe, gehen am
Rand in die Hocke, breiten die Arme wie im Flug aus, immer auf Kommando – und werden
fotografiert. Auch so kann man den staunenden Angehörigen und Freunden zeigen,
wie wagemutig man war. Ein Nervenkitzel ist das schon – man sieht es an den
Gesichtern - den durchweg jüngere Touristen absolvieren.
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Sie müssen nicht springen! (Bild: www.skywalk.co.nz) |
Wieder mal ist der
geschäftstüchtige AJ Hackett der Betreiber, der auch Sprünge von der Harbour
Bridge anbietet. Der Sprung vom Sky Tower kostet 225 NZ-Dollar (145 Euro) und
der Walk 150 Dollar.
Uns hat es genügt, durch dicken Glasboden
in die Tiefe und durch Glasfenster in die Ferne zu blicken.
Eingangshalle und die Glasdecke des Museums
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Das Symbol in der Mitte vereinigt das christliche Kreuz und ein Maori-Symbol, das die Harmonie zwischen Erde und Himmel und der Elemente darstellt (Marquesas Kreuz). Es ist ein beliebtes Tattoo-Motiv |
Der Nachmittag war dem
Besuch des
Museums gewidmet. Es liegt in einem großen Park- und Wiesengelände auf einem
Hügel. Wir nähern uns über eine Wiese dem langgestreckten Gebäude im
klassizistischen Stil mit Säulenvorbau.
Das Museum wurde im Jahre 1929
als Gedenkstätte für die im Ersten Weltkrieg gefallenen neuseeländischen
Soldaten und die Sammlungen des Auckland Museums errichtet. Es bietet auf drei
Stockwerken Ausstellungen zu den Völkern des Pazifiks (Polynesiern, Maoris),
zur Naturgeschichte der Inseln und zur Beteiligung Neuseelands an den Kriegen
des 20. Jahrhunderts.
Am eindrucksvollsten waren für
mich die
Objekte der Kultur der Polynesier und der Maoris, Werkzeuge, Waffen, Schmuck,
Webkunst, Schnitzereien, Boote, Zeremonialhäuser. Die ersten Besiedler
Neuseelands, die Maoris, kamen vor ca. 700 Jahren aus der polynesischen
Inselwelt. Sie bewältigte dabei in ihren großen Auslegerkanus eine beachtliche
Strecke über den Pazifik (zu den Fidschi- Inseln sind es ca. 2600 km).
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Maori-Boot mit Ausleger und Segel |
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Großes Zeremonialboot von 1836, 25 m lang |
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Schnitzereien am Boot |
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Maori in Schutzhütte mit Sammelkorb (Statue im Kiwi Birdlife Park / Queenstown
Bildnis eines Maori-Häuptlings, auf dem Gesicht kann man in der Zeichnung die Tattoos kaum erkennen, die Clan-Zugehörigkeit und Rang bezeichnen |
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Moderne Maori-Frau (Bild: eventfinda.co.nz) |
Im Museum erfährt man viel über
das
Leben der Maoris, aber auch über die weitere
Geschichte Neuseelands. In
Aotearoa, wie die Maoris Neuseeland nennen, lebten sie in Siedlungen, als
Kultivatoren des Landes, als Sammler, Jäger und Fischer in Stammesverbänden. Das
Zusammentreffen mit den Europäern verlief nicht zu ihrem Vorteil. Der erste
Europäer, der Neuseeland „entdeckte“, war der Niederländer
Abel Tasman 1642,
ihm folgte
James Cook 1769.
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Captain James Cook wird von einem Maori-Häuptling mit dem traditionellen Gruss begrüsst. Cook reiste auf der "Endeavour" mit einem Priester aus Tahiti als Führer und Dolmetscher. Das erste Zusammentreffen Cooks mit Maoris verlief nicht friedlich, in der Folge bemühte er sich um Zusammenarbeit mit den Indigenen (Bild im Auckland Museum) |
In der Folge
kamen immer mehr
europäische Siedler, Walfänger, Goldsucher und Missionare: Holländer
(der Name Neuseelands stammt von einem holländischen Kartographen), dann vor
allem Briten, aber auch Deutsche und Franzosen. Die Neuankömmlinge brachten
zwar Techniken mit, die die Maoris teilweise übernahmen, aber auch Waffen,
denen die Maoris zunächst wenig entgegen zu setzen hatten. Im Falle der
Gewehre setzten sie sie in ihren Stammeskriegen untereinander ein. Außerdem schleppten
die Europäer Krankheiten ein, denen die Indigenen nicht gewachsen waren. So
wurde ihre Zahl dezimiert. Wirre Verhältnisse veranlasste die britische Krone
Gouverneure nach Neuseeland zu schicken. William Hobson nahm 1840 die Inseln
für das Königreich in Besitz. Dies wurde durch einen Vertrag mit
Maori-Häuptlingen, den
Vertrag von Waitangi (bei Auckland), besiegelt. Die
Maoris verzichteten auf ihre souveränen Rechte und wurden zu britischen
Bürgern. Ihnen wurde zugesichert, dass sie das von ihnen bewohnte Land behalten
durften. Die Regelungen des Kontraktes enthielten aber Unklarheiten, die
zugunsten der Krone und der europäischen Siedler ausgelegt wurden. Die Maoris
wurden zunehmend enteignet und leisteten kriegerischen Widerstand.
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Polynesische Ahnengeistfigur - "Vorfahr" der Maori-Schnitzfiguren |
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Polynesische Waffen, die die Maoris mitbrachten |
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Polynesischer Schmuck |
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Maori-Vorratshaus (auf Pfählen gegen Ratten)
Inneres eines alten Zeremonialhauses ("Wharenui" - Versammlungshaus). Die ist ein
heiliger Ort , "tapu" für Nicht-Zugehörige. Gäste müssen erst
zeremoniell begrüßt werden, ehe sie eintreten dürfen. Dennoch erlauben
die Maoris, denen das Haus im Museum gehört, es mit dem nötigen Respekt
zu betreten (ohne Schuhe). Die Schnitzfiguren oben strecken die Zungen heraus, um böse Elemente abzuschrecken.
Die Spirale symbolisiert Entwicklung und Wachstum.
Unten: Eine Maori-Sippe vor ihrem "modernen" Versammlungshaus (Bild: www.newzealand.com, Autor: James Heremaia) | | | | |
Heute gibt es das
Waitangi-Tribunal, bei dem die Maoris ihre Rechte einklagen können. Sie
erhielten Entschädigungen und große Waldgebiete wurden ihnen wieder
zugesprochen. Auch sonstige Rechte erkämpften sie erfolgreich. So wurde auf
Betreiben eines Nordinsel-Stammes, einem
Fluss, den der Stamm als Ahnen verehrt,
2017 das Recht zugesprochen, dass er wie ein menschliches Wesen behandelt
werden müsse. Nach der
Weltsicht der Maoris sind sie genealogisch mit Bergen,
Seen Flüssen und Bäumen verknüpft und eine Verletzung der Rechte dieser Teile des
Universums ist wie die Verletzung des Rechtes der mit ihnen verbundenen Stämme. Allerdings kann nicht unterschlagen werden, dass die indigenen Bewohner Neuseelands schon vor den europäischen Enwanderern
manches getan haben, um die Tierwelt und die ursprünglichen Wälder der Inseln zu dezimieren.
Die Maoris stehen unter den
indigenen Völkern der Welt relativ gut da, sie sind als politische und
kulturelle Kraft anerkannt, die Maori-Sprache ist Amtssprache (nicht das
allgemein gesprochene Englisch!), überall trifft man auf Ausdrücke ihrer
Sprache und Hinweise auf ihr Erbe, trotzdem sind sie gegenüber der
europäisch-stämmigen Bevölkerung sozial benachteiligt. Ca. 15 Prozent der
Bevölkerung Neuseelands erklären sich zu Maoris; da sie sich oft mit Europäern
vermischt hatten, definieren sie die Zugehörigkeit zu ihrer ethnischen Gruppe
vor allem kulturell.
Seit 1947 ist Neuseeland souverän
und Mitglied im Commonwealth of Nations mit der englischen Königin als
Oberhaupt. Was ich nicht wusste und in dem Museum dokumentiert wird, ist die
Teilnahme Neuseelands, auch der Maoris, an den beiden Weltkriegen an der Seite Englands mit vielen Opfern. Allein im ersten Weltkrieg sind 60 000 neuseeländische Soldaten gefallen.
Zum Abschluss meines Berichtes
über unseren Neuseelandbesuch eine Maori- Legende:
Als der Schöpfergott die
Erschaffung der Welt vollendet hatte, bemerkte er und seine Brüder, dass am
Rande der Welt inmitten des Meeres noch sehr viel Raum war. Man beschloss die
Lücke zu füllen und schuf Inseln, die von allem etwas enthalten sollten, hohe
und niedrige Berge, Seen, Flüsse, Auen, unfruchtbare und fruchtbare Gebiete, Feuer
und Eis, kalte und warme Zonen. Daraus wurde Aotearoa, Neuseeland, ein Inselland voller Unterschiede und doch verbindender Gemeinsamkeiten.
Wir konnten in der der kurzen
Zeit, die uns zu Verfügung stand, nur Ausschnitte aus der Vielfalt Neuseelands
sehen, aber das genügte uns, um die der Legende innewohnende Wahrheit zu
bestätigen. Auf dem Flughafen lasen wir beim Abflug:
Haere ra a me te koa ,
auf
Wiedersehen und sei froh! Kia hari ki te pai te Atua, gerne, wenn es Gott
erlaubt! möchten wir antworten.
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Farmer und Touristen in neuseeländischer Landschaft ( Gemälde in einem Auckländer Hotel). "Kiwis", wie sich die Neuseeländer gerne nennen, schauen aber meist glücklicher in die Welt als diese Leute hier und sind auch in der Regel sehr freundlich |
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Das "Koru"-Symbol der Maoris (Spirale - hier aus Jade), entwickelt aus dem sich entrollenden Silberfarnblatt, steht für Aotearoa/Neuseeland. Auch Flugzeuge der "Air New Zealand" tragen am Heck dieses (stilisierte) Zeichen (Bild: Sarang wikimedia commons) |
Toller Reisebericht!
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